Es war wie so oft, wenn Männer ausmachen, dass sie etwas ganz entspannt angehen wollen. Gleich, als es in den Berg ging, gab die Gruppe Gas, Brent und Wolfgang mittendrin. Von Entspanntheit keine Spur mehr. Ich aber beschloss ziemlich schnell, mein Tempo zu fahren und ließ mich erstmal zurückfallen. Schließlich hatte ich Respekt vor dem, was da vor uns lag. Nur ein Anstieg. Aber ein extrem langer – und am Ende extrem steiler Anstieg. 105 Kilometer. Von 0 auf 3275 Meter.

Ich war in Taiwan, mit Wolfgang Renner, dreifacher deutscher Querfeldein-Meister und Mountainbike-Pionier, um dort ein paar der großen Fahrrad- und Zubehörhersteller zu besuchen. Und um hinter die Kulissen der Fahrradindustrie zu blicken, zu deren Nabel der Inselstaat sich längst entwickelt hat. Und ich gebe zu, es war meine Idee, an der Taiwan-KOM-Challenge teilzunehmen, die genau in die Zeit unseres Besuches fiel.

Wir trafen die Profis vom Team Bahrain Merida um Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali sowie deren Teammanager Brent Copeland am Start. Während die Profis vorne richtig Rennen fuhren, ging es für Brent, Wolfgang und mich nur um eines: ums Durchhalten. Die Strecke beginnt mit einer mäßigen Steigung, was Wolfgang und Brent wohl zum Tempo machen verführt hat. Aber nach rund zwei Dritteln der Strecke tauchten ihre zwei roten Trikots vor mir auf – die beiden waren völlig verausgabt und kamen kaum noch von der Stelle, als ich sie einholte.

Die letzten gut zehn Kilometer allerdings ging es allen Teilnehmern gleich. Ultrasteil mit müden Beinen mussten wir noch rund 1000 Höhenmeter bewältigen. Oben warteten unsere Begleiter mit Cola, und alle Teilnehmer erhielten den wohlverdienten Lohn: Neben dem großen Gefühl ein KOM – ein King of the Mountain – zu sein eine Medaille in Form eines Ritzels. Vincenzo Nibali gewann übrigens das Rennen in der unfassbaren Zeit von drei Stunden und 19 Minuten. Aber auch wir fühlten uns irgendwie wie Sieger. Zumindest hat uns die Teilnahme an der KOM-Challenge bei unseren weiteren Firmenbesuchen in Taiwan jede Menge Respekt eingebracht.