Bier ist in Bayern Grundnahrungsmittel. Keine neue Erkenntnis, aber eine unübersehbare Tatsache in Mittenwald, wo sich die Fingerhakler zur Alpenländischen Meisterschaft treffen. Am Eingang, wo zwei junge Männer die Eintrittskarten verkaufen, stehen schon morgens zwei Gläser, voll mit schäumendem Weißbier. Und das wird sich den ganzen Tag nicht ändern.

Der Umgang mit Redakteuren und Fotografen ist den Fingerhaklern eher fremd – und auch sonst sind sie hier eher unter sich. Sie fühlen sich wie eine große Familie. Trotzdem merken sie, dass Fotograf Dan Zoubek und ich ein ernsthaftes Interesse an diesem Geschehen haben. Sie wollen nicht veralbert werden und sie spüren, dass wir sie nicht veralbern wollen.

Mit Kreide eingeriebene kräftige Hände eines Fingerhaklers
Wer einem Fingerhakler die Hand gibt, braucht Mut. Und eine gewisse Portion Schmerztoleranz. Dan Zoubek

Deswegen halten wir uns an das Agreement, den Sanitätstisch nicht ins Zentrum unserer Beobachtungen zu stellen. Auch hier stehen den ganzen Tag zwei voll gefüllte Gläser Weißbier für die beiden Sanitäter – und hier herrscht den ganzen Tag Hochbetrieb. Fingerhakeln hat nämlich etwas mit gewaltiger Hornhaut zu tun, die sich die Wettkämpfer antrainieren. Und die eben wegreißen kann. Schmerzhaft. Blutend. Aber eben eine Allerweltsverletzung für einen waschechten Fingerhakler.

Die Hand eines Fingerhaklers mit dicker Hornhaut am Mittelfinger
Der Hakelfinger braucht spätestens am Wettkampftag eine dicke Schicht Hornhaut. Ohne sie kann man keinen Wettkampf gewinnen. Aber die Kräfte, die auf sie wirken, führen dazu, dass sie abreißt: eine Allerweltsverletzung für Fingerhakler. Dan Zoubek

Und selbst ohne dieses Agreement, hätte wir uns nicht auf den Sanitätstisch konzentriert. Dazu passierte zu viel in der Halle und um die Halle herum. Männer, die ihre Hände an Garagentorfedern aufwärmten. Frauen, die es genossen, dass Männer um ihre Aufmerksamkeit buhlten. Wettkämpfer, die sehr fokussiert zu Werke gingen, wie der Wölfel Maxi. Andere wie der Eierstock Magnus, ein Urgestein der Fingerhalle-Szene, der voller Gelassenheit noch immer regelmäßig zu den Besten gehört. Oder eben der Utzschneider Josef. Ein Mann mit einem extrem harten Händedruck, aber auch mit einem überaus weichen Kern.

Hier geht’s zu meiner Reportage, die im Magazin LIMITS, Ausgabe 2/2018, veröffentlicht wurde.